Steffen Patzold (Tübingen):
Die Grenzen des Konsenses: Kritik, Gegenrede und Dissens in der Kultur des Karolingerreiches
6. September | 19.30 Uhr | Tagungsraum, Neues Seminargebäude
Historikerinnen und Historiker haben in den letzten Jahrzehnten viel über Konsens und Politik im Mittelalter nachgedacht. Konsens gilt nicht nur als Ziel von Politik, sondern auch als ein wesentliches Instrument, um politische Entscheidungen herbeizuführen und durchzusetzen. Bernd Schneidmüller hat hierfür den Begriff der „konsensualen Herrschaft“ geprägt, der seither häufig verwendet wird. In diesem Modell kann Dissens nicht offen ausgetragen werden; er bleibt hinter einer „Konsensfassade“ versteckt, sonst droht eine gewaltsame Eskalation. Zugleich steht mittlerweile aber fest, dass in der Politik auch kräftig und offen gestritten wurde: Jüngere Arbeiten zu Westeuropa im 8./9. Jahrhundert haben gezeigt, in welchen Formen Intellektuelle und Entscheidungsträger der Politik miteinander debattierten und Meinungskämpfe austrugen. Vor diesem Hintergrund fragt der Vortrag danach, wie sich beide Forschungsrichtungen miteinander versöhnen lassen: Welche Spielräume für Dissens gab es in der Politik des früheren Mittelalters?