Ephemerides
An dieser Stelle finden Sie die archivierte Fassung des Schwarzen Brettes, Ephemerides getauft, der 42. Kölner Mediaevistentagung.
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Curiosity opens up areas for joint exploration - even more so in a digital environment. 'Ephemerides' is the free community area for all participants of the Mediaevistentagung. Here you can share all kinds of curiosities with mediaevalists from all over the world. General announcements, job offers and searches, projects, publications, and interesting findings related to the conference's topic can be posted here. We are curious about your contributions.
Book table: Conference discounts only valid for a short time.
The offers on our book table (here on the KMT portal) will be taken offline bit by bit over the next few days. Please take the opportunity to have another look around. There you will find 119 titles on exclusive terms. Please use the 'Preview' function to take a look at the books of your choice.
Büchertisch: Tagungsrabatte gelten nur noch kurze Zeit
Die Angebote unseres Büchertisches (hier auf dem KMT-Portal) werden in den nächsten Tagen Stück für Stück vom Netz genommen. Bitte ergreifen Sie die Gelegenehit, sich noch einmal gründlich umzusehen. Sie finden dort 119 Titel zu exklusiven Konditionen. Nutzen Sie die 'Preview'-Funktion, um einen Blick in die Bücher Ihrer Wahl zu werfen.
Augenlust: Rupert von Deutz in Schwarzrheindorf
Ergänzend zur gestrigen Exkursion auf den Spuren Alberts
lässt sich zeigen, dass Kölner Gelehrte auch über den unmittelbaren
Rahmen der Stadt Einfluss auf die künstlerische Ausgestaltung skraler
Räume hatten.
Das Bild zeigt den Innenraum der Doppelkirche St. Maria und Clemens in
Schwarzrheindorf (Bonn). Die Motive der Deckenmalereien der im Auftrag
des Kölner Erzbischofs Arnold II. (von Wied) errichteteten Kirche sind
beeinflusst durch den Ezechiel-Kommentar des Rupert von Deutz (um
1070-1129), Abt des Benediktinerklosters St. Heribert und einer der
bedeutendsten Exegeten des 12. Jh.
Der Maulwurf: Tier des Jahres 2020
Die Deutsche Wildtierstiftung hat den Maulwurf zum Tier
des Jahres 2020 gewählt. In der Literatur kann er auf eine lange
Geschichte voller Kuriositäten zurückblicken.
Der Maulwurf zählt zu den „unreinen“ Tieren; Christen ist der Verzehr seines Fleisches nicht gestattet (→ Lev 11,30 Vulg.). Dem 'paganen' römischen Landmann wird er dagegen eher wegen seiner unterirdischen Bauten zum Ärgernis (→ Vergil, Georg.
I,178sq.). Bei den „Magiern“ jedoch, die weder an das biblische Verbot
gebunden noch in der Landarbeit tätig sind, erfreut sich der Maulwurf
außerordentlicher Beliebtheit – aufgrund seiner 'inneren Werte'. Seine
Eingeweide ergeben ein vorzügliches Orakel und der Verzehr eines noch
warmen Maulwurf-Herzens verleiht sogar seherische Fähigkeiten.
Allerdings wirft die Verehrung eines blinden Tieres kein gutes Licht auf
die Magier selbst (→ Plin., nat. hist., XXX,19). Die
Maulwürfe kompensieren ihre Blindheit durch ein umso besseres Gehör; sie
sollen sogar menschliche Sprache verstehen, was sie, sofern über sie
gesprochen wird, zur Flucht veranlasst ("sermonem exaudiunt et, si de iis loquare, intellegere etiam dicuntur et profugere" → Plin., nat. hist. X,191). Im frühen Christentum steht der Maulwurf als Gegenstand 'wissenschaftlichen' Interesses eher zurück (→ Tert., an.
32); dafür bedient man sich seiner gerne in der Korrespondenz – oft
unter besonderer Hervorhebung der Blindheit als Zeichen der
Wertschätzung des Briefpartners oder Dritter (→ Clem. Alex., Prot. XI,115; Ruf., Apol. I,27. 28. 30. 36; Hier., Epp.
70. 80). Die heute noch oft gebräuchliche Polemik gegen
Bundesligaschiedsrichter hat zweifellos hier ihre historischen Wurzeln.
Entsprechend steht der Maulwurf allegorisch für die Häretiker, die blind
gegenüber der Wahrheit sind (→ Euch., Form. spir. int. IV).
Thomas de talpa: Thomas über den Maulwurf
In systematischer Klarheit legt Thomas v. Aquin das Wesen des Maulwurfs auseinander. Auf der Skala der animalia befindet sich der Maulwurf etwa in der Mitte zwischen den animalia perfecta und imperfecta, da er zwar nicht alle Sinne besitzt, aber auch nicht auf die niederen beschränkt ist (→ In De anima II et III lib. 3 lect. 1 n. 573). Dennoch ist die Blindheit des Maulwurfs eine privatio, da die höheren Spezies der Gattung animal einen voll entwickelten Gesichtssinn besitzen, Sehenkönnen also Gattungsmerkmal ist (→ In Met. lib. V lect. 20 n. 1071). Allerdings ist seine Blindheit keine Sünde, da sie ihm als Spezifikum von Natur aus zukommt (→ ScG IV,51,5). Der Maulwurf ist unrein, da er im Unreinen – unter der Erde – lebt, was auch an seinem üblen Geruch zu erkennen ist (→ S. Th. II-I q. 102 a. 6 resp. ad 1).
News: Übersetzung: Thomas v. Aquin, Kommentar zu Aristoteles' Metaphysik, Buch 10 (Lateinisch-Deutsch)
Raphael Kürzinger hat sich bemüht, auch kuriosen
Ausdrücken eine adäquate Übersetzung zur Seite zu stellen, und gibt uns
einen Einblick in die Werkstatt des Übersetzers.
Das Eine und das, was aus dem Einen folgt. Kommentar zu Aristoteles‘ Metaphysik, 10. Buch (Lectiones Thomisticae), Editiones Scholasticae 2020.
Kölner Stadtanzeiger:: "Alle Menschen streben von Natur aus nach Wissen!"
Etwas verspätet sei an dieser Stelle noch auf die Berichterstattung der Lokalpresse verwiesen:
Eine interessante Neuerscheinung: Das Bonum universale de apibus des Thomas von Cantimpré
Julia Burkhardt, Von Bienen lernen. Das Bonum universale de apibus des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf. Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar, 2 Teilbände, Regensburg (Schnell & Steiner) 2020, 1616 S., 49 meist farb. Abb. (Klöster als Innovationslabore, 7). Ein Buch voller Kuriositäten und Geschichtchen, für die man sich eigentlich gar nicht interessieren dürfte, nähme man das Gebot ernst, sich nicht curiose mit den Angelegenheiten anderer zu befassen. Zum Glück rechtfertigt ihre Darstellung als Exempla die Lektüre. Nun liegt das »Bonum universale de apibus« in einer gelungenen Edition und Übersetzung vor. In meiner demnächst in "Francia-Recensio“ 2020/3 erscheinenden Rezension versuche ich eine Würdigung dieser wichtigen Arbeit. Der Autor Thomas wurde um 1200 geboren, trat im Jahr 1217 den Augustinerchorherren von Cantimpré bei Cambrai bei und schloss sich in den 1230er Jahren den Dominikanern in Löwen/ Leuven an. Studienaufenthalte führten ihn nach Paris (ca. 1237–1240), wo er Zeuge der Auseinandersetzungen zwischen Säkularklerikern und Mendikanten an der Universität wurde, und schließlich an unseren Tagungsort Köln (um 1250). Neben einigen Viten verfasste er bis 1255 den »Liber de natura rerum« sowie bis 1270 das »Bonum universale de apibus«. In diesem stellt er das ideale Verhalten von Vorstehern einerseits und Untergebenen andererseits dar. Dafür leitet er jedes zu besprechende Verhaltensideal von Tugenden ab, die den Bienen zugeschrieben werden, und illustriert seine Normvorstellungen anhand zahlreicher Exempla.
Curiositas in art and literature: Maria Corti and her "Aghia Sophia"
Talking about the representation of curiositas in art and literature, I would like to share with you some artistic-literary references. Here in southern Italy, in Soleto, there is a beautiful Church devoted to the Aghia Sophia (Holy Wisdom) mentioned several times by a Milanese writer, Maria Corti (1915-2002) in the book "Il canto delle sirene". ("The sirens' song". Sirens have always been a symbol of intellectual seduction). The writer builds some admirable stories, now dramatic, now lyrical-ironic: the first set in classical antiquity, the second in the Middle Ages in Southern Italy, the third in today's Lombardy.
"Neugierig war ...": Heinzelmännchen in Köln
Helmut Walther ließ uns folgenden Beitrag zukommen. Herzlichen Dank dafür!
Erlauben Sie einen kleinen Nachtrag zum gestrigen Abendvortrag von
Richard Newhauser, den ich leider erst etwas zeitversetzt über Youtube
rezipieren konnte, und damit zum Thema curiositas und Misogynie. Ich
darf hier eine neuzeitliche Quelle ( frühes 19. Jh.) mit Köln-Bezug
nachreichen; wobei ich mich schon im bisherigen Verlauf der Tagung
wunderte, dass niemand auf sie rekurrierte. Sollten die Mainzelmännchen
selbst in Köln die Heinzelmännchen verdrängt und August Kopischs Gedicht
der damnatio memoriae überantwortet haben? Schließlich hat die
curiositas einer Frau nach dieser literarischen Version einen der
gravierendsten Einschnitte in der Kölner Stadtgeschichte ("zu Köln ...
vordem", "schöne Zeit", "Ach, daß es doch wie damals wär!") bewirkt und
die Idealzeit der otiositas auf immer beendet. Dass hier eine Parodie
auf Eva und den Sündenfall vorliegt, ist offenkundig. Übrigens ist die
schuldige Ehefrau des Schneiders, dem gerade noch die Heinzelmännchen
den Staatsrock des Bürgermeisters gefertigt haben, die einzige Frau, die
unter dem Personal des Gedichts vorkommt! Anbei Text (und Bild meiner
Ausgabe) der entscheidenden Passage in August Kopischs Gedicht. Aus ihm
ist mir klar geworden, was der eigentliche Grund im Unterbewußtsein
des Kölner Thomas-Instituts war, sich mit curiositas zu befassen!
News: ACADEMIA Project: Ota Pavliček's ERC ACADEMIA project has been selected for funding
We wish to congratulate our colleague Ota Pavliček,
currently a visiting scholar at the Thomas-Institut, Cologne, for his
successfull application for an ERC grant.
The ACADEMIA project proposes a pioneering study of a neglected corpus
of manuscripts stemming from the practice of quodlibetal debates held at
Faculties of Arts of European universities, flourishing from the 14th
to the early 16th century. As prescribed by the university statutes,
dozens of professors participated periodically in these unique
collective works of the Middle Ages, which encompassed all the
disciplines pursued at the university, from logic to medicine to
theology. ACADEMIA’s ambition is to establish the corpus of these
debates as a new field of study through an extensive examination of
manuscripts, thus filling a substantial gap, radically extending the
fields of the history of universities and intellectual history, and
reconstructing the roots of the modern practice of fostering collective
science. A complex analysis of the corpus will bring about a substantial
change in our understanding of medieval practices of the production and
sharing of knowledge. Aiming to examine the quodlibets as a phenomenon
successively interconnecting European intellectual space, ACADEMIA
focuses on fourteen universities at which the PI has identified the
tradition so far and on their mutual relations and development. ACADEMIA
employs an interdisciplinary team and an innovative combination of
approaches from history, codicology, palaeography, philology,
hermeneutics and Digital Humanities.
Der Tag: 08. September
8. Sept. 1157: Alexander Neckam wird geboren ++++ 8. Sept. 1298: In der Seeschlacht bei Curzola zwischen Genua und Venedig gerät Marco Polo in Gefangenschaft und verfasst dort seinen Reisebericht "Il Milione" ++++ 08. Sept 1308: Papst Clemens V. begründet in Perugia durch die Zusammenfassung der dortigen universitates scholiarum eine freie Universität - der Ursprung der späteren Universität Perugia ++++ 8. Sept. 1504: Auf der Piazza della Signoria in Florenz enthüllt Michelangelo seine Skulptur "David" .
Die Elster: Ein vieldeutiger Vogel
Die Elstern gehen in ihrem Ursprung zurück auf die neun Töchter des Königs Pierus von Emathia. Nachdem diese ihre Niederlage in einem Wettstreit mit den Musen nicht anerkennen wollten, wurden sie in Elstern verwandelt; so steckt heute noch einige Eloquenz in den Vögeln, wenn auch teils zu bloßer Schwatzhaftigkeit verzerrt ("facundia prisca remansit / raucaque garrulitas studiumque immane loquendi" → Ovid, Met. V,675sq.). Allerdings zeichnen sich die Elstern aus durch ihre Fähigkeit, alles nachzuahmen ("imitantes omnia picae" → Ovid, Met. V,300). Dichterinnen werden fortan ironisch auch als 'Elstern' bezeichnet, und Fortunata, die Frau des Trimalchio, wird ob ihrer intriganten Umtriebe gar eine ‚Sofaelster‘ (pica pulvinaris = Klatschbase) genannt (→ Petron, Sat. 37,7). Doch hat die Elster neben ihrer Sprachbegabung und ihrer täuschend menschlichen Stimme (→ Martial, Epig. XIV,76) weitere bemerkenswerte Fähigkeiten. Wenn etwa Menschen ihrem Nest zu nahe kommen, bringt sie ihre Eier in Sicherheit, und zwar indem sie einen Zweig mit ihren klebrigen Ausscheidungen wie eine Tragestange daran befestigt und so die Eier auf ihrem Nacken balancierend an einen anderen Ort bringt (→ Plin., nat. hist. X,98). Bei aller Eloquenz fehlt der Elster jedoch das Verständnis für das, was sie sagt und singt; sie hat keine Vernunft (→ Aug., Enn. Ps. 18,2,1; id., mus. I,4,6). Ihre Aussprache ist allerdings so klar, dass ihr Name (pica) gar auf 'poetica' zurückgeführt wurde (→ Isid., Etym. XII,7,46). Die insgesamt leicht zweifelhafte Natur der Elster drückt sich bereits in der Farbe ihres Gefieders aus ("Illic pica, dubio picturata colore" → Alanus ab Insulis, Planct. nat. II (prosa) l.170). Dieser bemerkenswerte Vogel zeichnet sich also durch eine besondere Ambiguität aus, die ihn zu einer äußerst treffenden Allegorie auf die Curiositas macht.
The magpie: An ambiguous Bird
The magpie goes back to the nine daughters of King Pierus of Emathia. After they refused to acknowledge their defeat in a contest with the Muses, they were turned into magpies; so today there is still some eloquence in these birds, even if partly declined into mere talkativeness ("facundia prisca remansit / raucaque garrulitas studiumque immane loquendi" → Ovid, Met. V,675sq.). However, the magpies are characterized by their ability to imitate everything ("imitantes omnia picae" → Ovid, Met. V,300). From then on, female poets were ironically referred to as 'magpies', and Fortunata, Trimalchio's wife, was even called a 'cushion magpie' (pica pulvinaris = gossip) because of her machinations (→ Petron, Sat. 37,7). But in addition to its talent for languages and its deceptively human voice the magpie possesses other notable skills. For example, when humans get too close to its nest, it brings the eggs to safety by attaching a twig with its sticky excrement like a carrying pole and thus bringing the eggs to another place, by balancing them on its neck (→ Plin., nat. hist. X,98). For all its eloquence, however, the magpie lacks an understanding of what it says and sings; it has no reason (→ Aug., Enn. Ps. 18,2,1; id., mus. I,4,6). Yet, their pronunciation is so clear that their name (pica) has even been traced back to 'poetica' (→ Isid., Etym. XII,7,46). The overall slightly dubious nature of the magpie is expressed in the color of its plumage ("Illic pica, dubio picturata colore" → Alanus ab Insulis, Planct. nat. II (prosa) l.170). This remarkable bird is thus characterized by a special ambiguity, which makes it a very suitable allegory for curiosity.
Zum Tagungsthema: Ein unlängst erschienener Artikel
"Das Verlangen nach Unbekanntem. Zum Neugier-Diskurs in der Antike: Von der theoria des Thales von Milet zur curiositas Ciceros, von Augustins Neugierkritik zum mittelalterlichen Lasterkatalog"
von Prof. Dr. Therese Fuhrer (LMU München)
In: Akademie Aktuell, Jg. 2019, Heft 3, S. 20-25
Link zum Artikel
Albertus Magnus, Osterpredigt: Vier Mängel erleidet unser Leben
Ostern im Lockdown: Aus gegebenem Festtermin richtete sich die curiositas auf eine Osterpredigt des Albertus Magnus, überliefert in ms. 683 der Universitätsbibliothek Leipzig. Albert hielt diese Predigt vermutlich Ende der 1250er Jahre im Konvent der Dominikaner in Köln: „In die sancto paschae, Coloniae, fratribus, in latino.“ (fol. 183rb) Predigtthema ist ein Vers aus dem Hebräerbrief (9,11-12): Christus assistens pontifex etc. aeterna redemptione inventa. Um die Erlösung durch Christus verständlich zu machen, nimmt Albert das Ziel, das ewige Leben, in den Blick. Leitlinie seiner Darlegung ist die Definition der Ewigkeit aus dem Trost der Philosophie des Boethius: „Aeternitas, sicut dicit Boethius, De consolatione philosophiae [l.5 prosa 6 n.4], est interminabilis vitae tota simul et perfecta possessio.“ Um die Vorzüge des ewigen Lebens ermessen zu können, führt Albert den Hörern vor Augen, wie mangelhaft das gegenwärtige Leben im Vergleich dazu ist: „Nota autem, quod vita nostra quattuor defectis patitur in praesenti.“ Besonders eindrucksvoll schildert er, dass das irdische Leben immer im Nacheinander und nicht tota simul abläuft, weil alles, was dem Menschen zufließt auch wieder verrinnt, so sehr der Mensch auch dagegen ankämpft: „Et quando aliquis nuntius mortis venerit, statim homo quaerit remedia, minuit, sumit pillul‹a›s, quaerit consilia medicorum.“ – Eine auszugsweise Übersetzung dieser Predigt habe ich in der Kölner Kirchenzeitung veröffentlicht und biete sie hier als Anlage.
Aus Arizona - From Arizona: Zeitunterschied - Time difference
Ich möchte mich bereits dafür entschuldigen, dass ich bei vielen der Vorträge auf der Tagung night dabei sein kann. Obwohl ich übermäßig und sogar sündhaft neugierig bin, beträgt der Zeitunterschied zwischen Mitteleuropa und Mittel-Arizona derzeit neun Stunden. In der Tat bedeutet dies, daß ich nur an den Nachmittags- und Abendsitzungen teilnehmen kann. Ich wäre sehr dankbar, wenn die Redner in früheren Sitzungen so freundlich wären, mir eine Kopie ihrer Vorträge zu schicken: richard.newhauser@asu.edu. I would like to apologize already for having to miss many of the presentations at the conference. Although I am excessively, even sinfully curious, the time difference between central Europe and central Arizona is nine hours at the moment. In effect, this means I will be able to attend only the afternoon and evening sessions. I would be very grateful if the speakers in earlier sessions would be gracious enough to send me a copy of their lectures: richard.newhauser@asu.edu.
Durandus’ 686. Todestag - II: Eine Speziallehre
Tatsächlich sagt Durandus in seinem Sentenzenkommentar (Buch IV, dist. 44, q. 11, § 8), dass die Seelen der Verdammten vor der Auferstehung am Jüngsten Tag nur aufgrund ihrer Angst (timorem et horrorem) leiden, nämlich der Angst vor den wirklichen körperlichen Leiden, die sich nach der Wiedervereinigung der Seelen mit ihren Körpern einstellten. Die ordensinterne Zensur der Dominikaner sprach in ihren Irrtumslisten daher zurecht davon, dass Durandus die Wirkweise des Feuers auf die Seelen vor der Auferstehung als metaphorisch (metaphorice) interpretiere. Trotz aller Kritik an dieser Lehre bleibt Durandus in allen seinen drei Versionen des Sentenzenkommentars bei der metaphorischen Deutung des Feuers (daher passt sowohl sein Epitheton „doctor resolutissimus“ als auch das „Durus Durandus“ unserer Sentenz). Diese Härte ist aber nicht Ausdruck wissenschaftlichen Starrsinns, sondern der ureigenen durandischen Hermeneutik geschuldet, nämlich der Vernunft uneingeschränkt Raum zu geben. Im Fall der separierten Seelen, die im Feuer brennen sollen, gibt es ja tatsächlich Probleme insbesondere mit aristotelischen Prinzipien. Hier entscheidet sich Durandus gegen die unkritische Übernahme autoritativer Textstellen und für eine Lösung, die auch vor der Vernunft Bestand hat. Die Arbeit des Durandusprojekts der letzten 14 Jahre und auch der kommenden Jahre soll dazu beitragen, Durandus und seinem Denken gerecht zu werden, auf dass er nicht unkritisch als Held im 14. Jahrhundert stilisiert werde (als Einziger, der den Thomisten widerspricht), aber auch nicht als Ausgestoßener der Philosophiegeschichte, dessen Ende uns nicht interessieren soll („nec quoque curo“). Bleibt für Durandus zu hoffen, dass seine Seele – wenn überhaupt – die letzten 686 Jahre lediglich ‚psychologisch‘ (weil eben am metaphorischem Feuer) gelitten hat. Für das Durandusprojekt bleibt zu hoffen, dass die Arbeit weitergehen kann, und zwar ganz real und wissenschaftlich-kritisch und nicht nur metaphorisch.
Durandus’ 686. Todestag - I: Ein Epitaph
Am 10. September jährt sich der Todestag des Durandus von St.-Pourçain zum 686. Mal. Einer Legende nach soll Durandus’ Grabstein eine nicht gerade empathische Inschrift ‚geziert‘ haben: „Durus Durandus jacet hic sub marmore duro, An sit salvandus ego nescio, nec quoque curo.“ Diese Sentenz ist zwar verschiedentlich nachweisbar (wie eine Google Books-Suche schnell ergibt), aber ihr genauer Ursprung bleibt unbekannt. Jedenfalls kann es sich nicht um die Grabinschrift des Durandus gehandelt haben, wie bereits Joseph Koch bemerkt hat; der Grabstein des Durandus soll bis auf dessen Wappen leer gewesen sein. Koch bringt uns aber auf eine andere interessante Spur. Denn er fand die Sentenz mit einer leichten, aber nicht unbedeutenden Abänderung in einem Exemplar der editio princeps (Paris 1508), das er in der Stadt- und Landesbibliothek Düsseldorf entdeckt hatte. Es soll dem franziskanischen Kirchenrechtler Philipp Anton Hedderich gehört haben. Hedderich verbindet das Epitaph zu Durandus direkt mit einer seiner ungewöhnlichen Lehrmeinungen. In Hedderichs Sentenz wird das „salvandus“ durch ein „cremandus“ ersetzt. Es wird also nicht das Seelenheil des Durandus mit einem Schulterzucken quittiert, sondern die Frage, ob er verbrannt wird. Hedderich verbindet das, wie gesagt, mit einer Speziallehre des Durandus, nämlich der These, dass die Seelen im Purgatorium nicht vom Feuer verbrannt würden; daher sei ihm also dieses Epitaph erdacht worden, so Hedderich.
Meister Arnt im Museum Schnütgen: Meister der beseelten Skulpturen, 25. Juni - 20. September
Sollten Sie in Köln sein, ist der Besuch der Sonderausstellung im Museum Schnütgen zu Meister Arnt (von Kalkar und Zwolle) ein MUSS. Anlass der Ausstellung war die Neuentdeckung von drei bislang verschollenen Fragmenten, mit denen ein bereits in der Museumssammlung befindliches Hauptwerk von Meister Arnt, die Altartafel mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige, vervollständigt und erstmals in dieser Form gezeigt werden kann. Zusätzliche hochkarätige Leihgaben aus Kalkar, dem Rijksmuseum Amsterdam, dem Musée de Cluny in Paris und dem Musée Art & Histoire in Brüssel sowie aus zahlreichen Kirchen am Niederrhein ermöglichen einen einmaligen Blick auf einen faszinierenden Bildhauer in einer großartig gemachten Ausstellung. Lassen Sie sich überraschen! - Vom 8. bis 20. September 2020 ist die Ausstellung sogar täglich bis 20 Uhr geöffnet!
Hans Blumenberg-Ausstellung: Hans Blumenberg. Denken in Metaphern - 11.Juli-14. Oktober 2020 in Münster
Aus gegebenem Anlaß sei auf die Ausstellung des Westfälischen Kunstvereins in Münster zu Hans Blumenberg hingewiesen, der in diesem Jahr seinen 100sten Geburtstag gefeiert hätte. - Hans Blumenberg ist einer unserer Gesprächspartner während der 42. Kölner Mediaevistentagung. - https://www.westfaelischer-kunstverein.de/ausstellungen/aktuell/blumenberg/
agelstern : Die Elster im Parzival-Prolog. Transkription der St. Galler Epenhandschrift (Cod. Sang. 857) - Parzival-Projekt
IST zwiuel h(er)zen nahgebur / daz muͦz der sele werden sur / gesmehet unde gezieret. / ist swa sich parrieret. / vn verzaget mannes muͦt. / als agelstern varwe tuͦt.
Aristoteles und Phyllis: Der verspottete Philosoph als Knauf des Chorgestühls im Kölner Dom
Der Kölner Dom ist nicht nur das Wahrzeichen der Stadt, sondern beherbergt auch einige Kuriositäten des Mittelalters. Das Chorgestühl aus dem frühen 14. Jahrhundert zeigt unter anderem eine Schnitzerei einer jungen Frau, die rittlings auf dem Rücken eines bärtigen alten Mannes sitzt. Die Darstellung basiert auf einem mittelhochdeutschen Märe aus dem 13. Jahrhundert, das in drei Handschriften überliefert ist, von denen jedoch nur noch eine existiert. Die Geschichte handelt von der Unterweisung Alexanders des Großen durch Aristoteles. Mit Aristoteles Hilfe wird Alexander zu einem fleißigen Schüler – bis er Phyllis kennen lernt. Die beiden treffen sich heimlich und Alexander wird von den Unterrichtsstunden abgelenkt, die ihn auf seine Herrscherkarriere vorbereiten sollen. Durch die Vorsprache Aristoteles' beim Königspaar werden die jungen Liebenden getrennt. Phyllis sinnt auf Rache und so begibt sie sich in den Garten vor das Fenster des Philosophen, um Blüten zu sammeln. Dieser erspäht sie durch das Fenster: "hei," dâhte er, "wie minneclîch, wie schoene und wie gehiure, wie zartiu creâtiur ist daz minneclîche wîp!". Er lädt sie zu sich ein und bittet sie – für "goldes zweinzic marc" – die Nacht mit ihm zu verbringen. Sie willigt ein, unter der Voraussetzung, dass sie ihm einen Sattel aufsetzen und im Garten auf seinem Rücken reiten dürfe. Und so geschieht's: "dô sûmte sich der alte niet, er krouch ûf allen vieren dô, (des wart ir gemüete vrô)". Das Schauspiel wird von der Königin beobachtet, Aristoteles flüchtet sich vor Spott und Schimpf auf ein Schiff nach "Galicîâ", um dort ein Buch über die List der Frauen zu schreiben. – Auch wenn die aktuelle Situation es nicht erlaubt, im Kölner Dom selbst vorbeizuschauen: Der Knauf von Aristoteles und Phyllis ist natürlich auch online zu bewundern...
Pica Pica: Die KMT hat ein Tagungsmaskottchen: die Elster
Darf ich Ihnen unser Tagungsmaskottchen vorstellen: Die Elster (Pica pica) aus der Familie der Rabenvögel. Elstern gelten von Natur als neugierig und sie verkörpern in der Mythologie die Ambivalenz der Neugierde. - Zudem gehören sie in der Erforschung kognitiver Leistungen bei Tieren zu den herausragenden Modellspezies. In dem entsprechenden Wikipedia-Artikel werden diese Eigenschaften der Elster gut beschrieben. "Das Gehirn der Elster zählt zu den höchstentwickelten unter den Singvögeln. Die Fähigkeit zur Objektpermanenz, die sich relativ schnell entwickelt, ist sehr ausgeprägt, was im Zusammenhang mit der Entwicklung des Futterhortens steht. Sie können also die Ortsverlagerung eines Objekts nachvollziehen, das vorher nicht zu sehen war. Die Fähigkeit, selbstverstecktes Futter wiederzufinden, entwickelt sich bei jungen Elstern genau dann, wenn sich ihre Fähigkeit zur Objektpermanenz entwickelt. Nach etwa zehn Wochen beherrschen sie diese Aufgabe vollständig. Folglich verfügen Elstern über hohe Repräsentationsleistungen. Zudem zeigen sie ein komplexes Sozialverhalten und erkennen ihre Artgenossen individuell. Vor dem Spiegel zeigen Elstern ein neugieriges Verhalten: Sie gehen vor dem Spiegel auf und ab, werfen vorsichtige Blicke hinter den Spiegel. Zudem zeigen sie gute Diskriminationsleistungen, indem sie sich im Versuch in der überwiegenden Zahl der Fälle nach dem Blick in den Spiegel nur auf die gespiegelte Schachtel zubewegen, wenn sie den für sie interessanten Inhalt hat (den Ring, das Futter). Markierte Elstern zeigen vor dem Spiegel selbstbezogenes Verhalten. In einigen Fällen kämpfen sie jedoch gegen das eigene Spiegelbild. Somit reagieren Elstern vor dem Spiegel ähnlich wie Schimpansen und Orang-Utans in vergleichbaren Tests, die bei diesen Menschenaffen als Hinweis auf Selbsterkenntnis interpretiert wurden." - Ein künstlerisches Denkmal in der Musik setzte ihr 1817 Rossini mit der Oper La gazza ladra. Goya zeigt auf einem Porträt den Sohn des Grafen von Altamira mit einer zahmen Elster.
13. Dies quodlibetalis 2020: Gibt es eine "Avicennische Scholastik"? - Freitag, den 16. Oktober 2020, 14-18 Uhr in Jena und virtuell.
Der Dies quodlibetalis ist der jährliche jour fixe der Gesellschaft für Philosophie des Mittelalters und der Renaissance (GPRM). Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Krise ist es uns gelungen, für den 16. Oktober eine attraktive Lectura unseres Kollegen Peter Adamson mit Responsiones und Disputatio zu planen, die voraussichtlich live am Standort Jena stattfinden wird, auf jeden Fall aber via Livestream verfolgt werden kann. Nähere Details sind dem diesjährigen Plakat zu entnehmen, das Sie im Anhang zu dieser Nachricht in elektronischer Form finden.
Polyphony connects - AMUZ: Laus Polyphoniae 2020
Kurzfristig möchten wir auf das vom 21. bis 30. August 2020 stattfindende Musik-Festival "Laus Polyphoniae 2020" aufmerksam machen. Die diesjährigen Konzerte werden als Live Stream übertragen. Besondere Konzerte der letzten Jahre sind als Archiv-Dateien verfügbar. Anmeldung und Programm auf der unten verlinkten Website. +++++++++++++ Last minute call! We would like to draw your attention to the "Laus Polyphoniae 2020" music festival taking place from August 21st to 30th, 2020. This year's concerts will be broadcast as a live stream. Special concerts from recent years are available as archive files. Registration and program on the website linked below. **Thank you Guy Guldentops for mentioning this to us**
Für's (digitale) Tagungsbuffet?: Auch wenn 10 Jahre kein Mittelalter machen
Review and Tasting notes for the BenRiach Curiositas 10 yo Single Malt Whisky #WhiskyoftheWeek #BenRiach #Curiositas https://t.co/XCgYEax6tF pic.twitter.com/sDvwTHwI5X
— WhiskyoftheWeek (@WhiskyoftheWeek) July 30, 2019
Der Stein der Weisen gefunden: In der Lübecker Schule Hans Blumenbergs?
Folgender Fund auf der Seite des Katharineums zu Lübeck. Es wird dort gemutmaßt, dass sich noch immer der Stein der Weisen im Gemäuer der alten Klosterschule befindet:
1350 wird aufgrund eines Pestausbruchs genug gespendet, um den Neubau des Klosters zu beenden. Angeblich sind dabei übersinnliche Kräfte im Spiel… Die zugehörige Bauinschrift ist heute noch zu sehen.
Der Bau von St. Katharinen geht langsam voran. Doch das entscheidende Jahr soll 1350 werden: In Lübeck wütet die Pest. Lübecker Bürger spenden große Summen, werfen sie der Legende nach in Beuteln über die Klostermauern, damit die Mönche für die noch Lebenden Fürbitte einlegten. Aus diesen Mitteln kann der Neubau des Klosters weiter- und zu Ende geführt werden. An die Ereignisse erinnert eine Bauinschrift, die heute im westlichen Umgang vor dem Klassenraum 012 angebracht ist: „M cum L ter C fuerant anni tibi, Criste, Dum plus quam mediam ferit hanc epydimia terram. Adde ter I, claustrum novum versum fit ad austrum. Ac libraria pressa stat ista via. Hiis, quos mors stravit, deus hoc claustrum reparavit. Demptis corporibus sit bene spiritibus." Als Architekt des neuen Klosters gilt Bruder Emeke. Über ihn erzählt man sich folgende Sage: „Einer, namens Emeke, baute das Kloster in drei Jahren wieder auf; von dem wird gemutmaßt, dass er den Stein der Weisen gehabt. Der Stein liegt dort noch verborgen, und von Zeit zu Zeit kommen Leute aus fernen Landen, namentlich Welsche, und sehen an gewissen Zeichen, ob er sicher liegt. Er soll aber in dem Pfeiler stecken, wo der Evangelist Lukas das Bild des Heilandes malt; andere sagen, an der Stelle, wo der Jude sitzt und das Gewölbe trägt. An jenem Pfeiler hat ein Werkmeister einmal nachgegraben und in den Pfeiler hineingehauen, aber da hat die ganze Kirche gezittert und gebebt, und er hat’s aufgeben müssen.“ (E. Deecke, Lübische Geschichten und Sagen, 1851)